Die
Griechische Kirche in München
als Gotteshaus zum Erlöser, Gemeinde der Hellenen
und Mittel-punkt des Bayerischen Philhellenismus
[Festschrift zum 170-jährigen
Gemeinde-Jubiläum (1828 - 1998). Gewidmet der deutsch-griechischen
Völkerverständigung. München, 22. und 30. September 1998]
von
Konstantin Sot. Kotsowilis
München
1998,
512 Seiten,
mit 108 farbigen und 422 schwarzweißen Abbildungen,
13
Bauplänen, Personen- und Sachregister,
umfangreichem Quellen- und
Literaturverzeichnis.
Preis: 96,30 Euro.
Zu
beziehen im Selbstverlag des Verfassers
(Jakob-Klar-Straße 9, 80786 München)
oder bei den Münchner Buchhandlungen Hugendubel (Marienplatz 22) ,
Rau (Theresienstrasse 100)
sowie im
König-Otto-von-Griechenland- Museum in 85521 Ottobrunn, Rathausplatz 1.
Außerdem
in Athen bei den Buchhandlungen
in Athen
Museum der Stadt Athen, Stiftung Vourou-Eftaxia,
(Paparrigopoulou-Strasse 7)
in Athen
Museum der Stadt Athen, Stiftung Vourou-Eftaxia,
(Paparrigopoulou-Strasse 7)
und in Thessaloniki bei
Pournaras,
(Kastritsioustraße 12).
(Kastritsioustraße 12).
ISBN-Nr.
3-88006-180-7.
Konstantin
Kotsowilis, der schon 1995 mit einer systematischen Darstellung der Studien und
des Werdeganges der griechischen Studenten an der Universität München von 1826
bis 1844 an die Öffentlichkeit getreten ist, hat in seinem neuen Werk eine
Fülle von Aspekten aus der Geschichte der Griechischen Kirche zum Erlöser
(Salvatorkirche) in München zu einem farbenprächtigen Mosaik zusammengestellt.
Der
erste Abschnitt ist der Baugeschichte des 1492-1494 als Friedhofskirche
errichteten Gotteshauses gewidmet.
Erstmals kann der Autor den Stadtbaumeister
Lukas Rottaler als Erbauer der Kirche nachweisen.
Nach Auflassung des Friedhofs
im Jahre 1789 wurde das Gotteshaus 1803 profaniert und erlebte in den
folgen-den Jahren ein wechselvolles Schicksal.
Es diente als Depot für
Kunstgegenstände aus aufgehobenen Klöstern, als Abstellplatz für erbeutete
österreichische Kanonen und für Salpeter und Schwefel, als Wagenremise des
Hofstalles, als Getreidemagazin und als Fechtboden für die Universität.
Die
1806 rechtlich vollzogene Übergabe an die in München seit 1799 bestehende
protestantische Kirchengemeinde blieb auf dem Papier, da der geforderte
seitliche Erweiterungsbau für Zwecke des evangelischen Gottesdienstes niemals zustandekam.
Im April 1828 entschloss sich König Ludwig I., das leerstehende Kirchengebäude
als Gotteshaus für jene griechischen Studenten und Kadetten einrichten zu
lassen, die auf seine Initiative hin zur Ausbildung nach München gekommen
waren.
König Ludwig I. von Bayern |
Zar Nikolaus I. von Rußland |
Damit
wurde Ludwig I. - mit Unterstützung von Zar Nikolaus I. von
Russland, der liturgische Geräte und Paramente aus St. Petersburg beisteuerte,
- zum Stifter einer griechisch- orthodoxen Kirchengemeinde in München, die
seitdem ununterbrochen besteht.
Der
zweite und dritte Abschnitt des reichhaltig bebilderten Werkes dienen einer
eingehenden kunsthistorischen Beschreibung des Kirchenbaus und der
ausführlichen Darstellung seiner Ausstattung.
Die noch vorhandenen Reste der
Ausmalung aus der Zeit vor 1803 werden dabei ebenso berücksichtigt wie die von
keinem Geringeren als Leo von Klenze entworfene Ikonostase.
Genauso sorgfältig
beschreibt der Autor die in ihrem Grundstock auf die Zarenstiftung von 1829
zurückgehende und seitdem kontinuierlich vermehrte Ausstattung an Ikonen und
Kirchengerät.
Die
tiefere geistesgeschichtliche Bedeutung der Kirche erhellen der vierte und
fünfte Abschnitt und vor allem auch der abschließende sechste Abschnitt, in
dem der Autor seine neuen Erkenntnisse darlegt, die aus seinen umfangreichen
Forschungen resultieren.
In die mit einer Vielzahl von Details aufwartende
Darstellung der Geschichte der Griechischen Kirchengemeinde München hat der
Autor eine Würdigung des bayerischen Philhellenismus hineinverwoben.
Dabei
konnte Kotsowilis nachweisen, dass bayerische Philhellenen gerade in
Persönlichkeiten der Münchner Kirchengemeinde immer wieder kongeniale
Ansprechpartner gefunden haben, etwa in dem Kunstmaler Professor Nikolaos Gysis
oder dem genialen Mathematiker Professor Dr. Constantin Caratheodory.
Deren
Kurzbiographien finden sich in dem Buch ebenso wie die sämtlicher
Gemeindepfarrer von 1828 bis 1973.
Noch
bedeutsamer ist aber, dass es dem Autor gelingt, Beziehungen praktisch
sämtlicher bedeutenden bayerischen Philhellenen zur Salvatorkirche
nachzuweisen.
Er unterzieht deren Wirken für Griechenlands Wiederauferstehung
nach Jahrhunderten des kulturellen Verfalls unter osmanischer Fremdherrschaft
und für die Einbeziehung des Landes in die europäische Völkerfamilie einer
gerechten Würdigung.
Dazu liefert er zahlreiche Nachweise für den selbstlosen
Idealismus, von dem die zur Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes von
Ludwig I. nach Griechenland entsandten bayerischen Offiziere und Unteroffiziere
erfüllt waren. Das gleiche gilt für die bayerischen Verwaltungsbeamten und
Wissenschaftler, die ihnen nach der Wahl des Prinzen Otto von Bayern zum ersten
König Griechenlands folgten.
Von dem aus Parteileidenschaft entstandenen
Zerrbild einer von selbstsüchtigen und unkundigen Bürokraten und Glücksrittern
aufgezogenen "Bavarokratie" bleibt nichts übrig. Wo es Missgriffe
gab, etwa bei der Aufhebung von Klöstern, gingen sie auf das Konto griechischer
Politiker ebenso wie der
bayerischen Regenten beziehungsweise beschränkten sich auf die Amtsdauer des
Regentschaftsrates für den noch nicht volljährigen König (1832 - 1835).
Ludwig I.
hat gerade die Klosteraufhebung heftig kritisiert und im Juni 1834 ihre
Rücknahme gefordert.
Von der von manchen griechischen Autoren unterstellten
Absicht einer Schwächung der orthodoxen Kirche kann jedenfalls bei Ludwig I.
von Bayern und seinem Sohn Otto von Griechenland keine Rede sein.
Letzterer hat
vielmehr in einem Zusatzartikel zu seinem Heiratsvertrag vom Oktober 1836 die
Erziehung sämtlicher Kinder im griechisch-orthodoxen Glauben vereinbart, obwohl
dies mit einer Bulle Papst Gregors XVI. vom 27. Mai 1832 im Widerspruch stand
und der Londoner Vertrag vom 7. Mai 1832 einen solchen Schritt nur hinsichtlich
des Thronfolgers forderte.
Die Treue zum katholischen Bekenntnis, in dem er
erzogen war, war für König Otto eine ausschließlich höchst-persönliche
Angelegenheit, die ihn nicht gehindert hat, im Laufe seines Lebens so
vollständig zum Griechen zu werden, dass er selbst noch aus seinem Bamberger
Exil Ende 1865 eine Jahresapanage des Jahres 1866 als Bayerischer Prinz von 100.000 Gulden für den Freiheitskampf
auf Kreta spendete.
Auf all
dies und vieles andere mit wissenschaftlicher Präzision und umfangreichen
Auszügen aus Quellen - häufig im Original abgebildet - hingewiesen zu haben,
ist ein Verdienst von Kotsowilis.
Aus bisher unbekannten Quellen konnte er
einige neue Erkenntnisse gewinnen, die für die Geschichte Griechenlands
insgesamt von Interesse sind.
Außerdem gelingt es ihm, durch Verweis auf bisher
- zumindest in Griechenland - nicht zur Kenntnis· genommene Dokumente, einige
Geschichtslegenden zu widerlegen.
Dazu weitere Beispiele:
Kotsowilis kann
nachweisen, dass der Entschluss, Athen zur Hauptstadt des neuen griechischen
Staates zu machen, vor allem auf das Drängen Egid von Kobells, Nachfolger des
im Juli 1834 zurückberufenen Regentschaftsrates Maurer, zurückgeht;
die in dem
Buch abgebildete Urkunde über die Verleihung des Ehrenbürgerrechts von Athen an
Kobell liefert den unwiderleglichen Beweis!
Entdeckt hat Kotsowilis auch, dass
nicht nur Prinz Leopold von Sachsen-Coburg,
sondern auch Prinz Johann von
Sachsen die Wahl zum Fürsten von Griechenland abgelehnt hatte,
ehe in Prinz
Otto von Bayern ein Kandidat gefunden wurde, der bereit war, die schwierige
Aufgabe zu übernehmen, den Thron des von Parteikämpfen erschütterten Landes zu
besteigen.
Die in der deutschen wie griechischen Literatur immer wieder
auftretenden falschen Auffassungen bezüglich der Kompetenzen und Rangfolge der
einzelnen Mitglieder des Regentschaftsrates kann Kotsowilis aufgrund seiner
Einsichtnahme in deren Instruktionen richtigstellen.
Graf Joseph Ludwig von Armansperg |
Darin war übrigens auch
das Gehalt der Regentschaftsräte festgelegt; es entsprach dem eines bayerischen
Ministers (12.000 Gulden jährlich), stand also dem
Grafen
von Armansperg ohnehin zu, so dass die Vorwürfe, er hätte sich selbst überhöhte
Bezüge auf Kosten der griechischen Staatskasse bewilligt, hinfällig sind.
Aus
einer Zusammenschau der Instruktionen mit dem Briefwechsel zwischen dem
bayerischen Außenminister Freiherr von Gise und seinem griechischen Kollegen
kann Kotsowilis auch erweisen, dass die Behauptung, Bayern habe die Griechen
hinsichtlich einer Einführung einer Verfassung getäuscht, zumindest überzogen
sind.
Gise sprach nämlich nur von der Vorbereitung einer Verfassung, während in
den Instruktionen deren Inkraftsetzung für die Dauer der Regentschaft
ausgeschlossen wird.
Ein Widerspruch liegt darin streng genommen nicht! Dass
König Otto noch bis 1843 am monarchischen Absolutismus festhielt, entsprach
übrigens einer Forderung des Zaren, was Kotsowilis ebenfalls erstmals in diesen
Zusammenhang stellt.
Als falsch erwiesen wird die Behauptung, König Otto habe die griechische Regierung über seine Vermählung erst im nachhinein informiert.
Eindeutig widerlegen kann Kotsowilis auch die in Griechenland noch immer
kolportierten Gerüchte, für die verhängnisvolle Kinderlosigkeit des ersten
Königspaares sei eine Impotenz König Ottos verantwortlich gewesen;
nach München
gesandte Berichte über die Anfänge einer Schwangerschaft sowie über eine zwölf
Jahre lang durchgeführte ärztliche Behandlung der Königin belegen das
Gegenteil. Manchmal sind es nur kleine, aber bezeichnende Details, auf die der
Autor erstmals hinweist:
So ist die verbreitete Auffassung, 1843 seien alle
Bayern aus dem griechischen Staatsdienst ausgeschieden dahingehend zu
korrigieren, dass mindestens zwei bleiben durften: Einer als Mitkämpfer des
Unabhängigkeitskrieges, der andere, weil er bereit · war, ohne Gehalt seinen
Lehrstuhl an der Athener Universität weiter wahrzunehmen Interessant sind
schließlich auch die Nachweise, dass griechische politische Persönlichkeiten
und amtliche Stellen Jahre nach dem Sturz König Ottos dafür in Bayern gleichsam
Abbitte leisten.
Neben bedauernden Erklärungen ehemaliger Gegner des Königs sei
hier vor allem auf die symbolträchtige Entsendung je einer Delegation der
griechischen Regierung und der Stadt Athen zur Feier des hundertsten
Geburtstages König Ludwigs I. verwiesen.
Durch
sein persönliches Engagement hat Kotsowilis die traditionsreichen, aber allzu
oft verkannten bayerisch-griechischen Beziehungen ins rechte Licht gerückt.
Dafür gebührt ihm Anerkennung.
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