Sonntag, 5. Juli 2015

Buchvorstellung Salvatorkirche in München: ''Die Griechische Kirche in München als Gotteshaus zum Erlöser, Gemeinde der Hellenen und Mittelpunkt des Bayerischen Philhellenismus''


Die Griechische Kirche in München 
als Gotteshaus zum Erlöser, Gemeinde der Hellenen 
und Mittel-punkt des Bayerischen Philhellenismus 

[Festschrift zum 170-jährigen Gemeinde-Jubiläum (1828 - 1998). Gewidmet der deutsch-griechischen Völkerverständigung. München, 22. und 30. September 1998]

von Konstantin Sot. Kotsowilis

München 1998,
 512 Seiten,
 mit 108 farbigen und 422 schwarzweißen Abbildungen, 
13 Bauplänen, Personen- und Sachregister, 
umfangreichem Quellen- und Literaturverzeichnis.
Preis: 96,30 Euro.


Zu beziehen im Selbstverlag des Verfassers
 (Jakob-Klar-Straße 9, 80786 München) 
oder bei den Münchner Buchhandlungen Hugendubel (Marienplatz 22) , 
Rau (Theresienstrasse 100)

sowie im König-Otto-von-Griechenland- Museum in 85521 Ottobrunn, Rathausplatz 1.

Außerdem in Athen bei den Buchhandlungen 
in Athen 
Museum der Stadt Athen, Stiftung Vourou-Eftaxia,
(Paparrigopoulou-Strasse 7)
und in Thessaloniki bei Pournaras,
 (Kastritsioustraße 12).
ISBN-Nr. 3-88006-180-7.


Konstantin Kotsowilis, der schon 1995 mit einer systematischen Darstellung der Studien und des Werdeganges der griechischen Studenten an der Universität München von 1826 bis 1844 an die Öffentlichkeit getreten ist, hat in seinem neuen Werk eine Fülle von Aspekten aus der Geschichte der Griechischen Kirche zum Erlöser (Salvatorkirche) in München zu einem farbenprächtigen Mosaik zusammengestellt.

Der erste Abschnitt ist der Baugeschichte des 1492-1494 als Friedhofskirche errichteten Gotteshauses gewidmet. 

Erstmals kann der Autor den Stadtbaumeister Lukas Rottaler als Erbauer der Kirche nachweisen. 

Nach Auflassung des Friedhofs im Jahre 1789 wurde das Gotteshaus 1803 profaniert und erlebte in den folgen-den Jahren ein wechselvolles Schicksal. 

Es diente als Depot für Kunstgegenstände aus aufgehobenen Klöstern, als Abstellplatz für erbeutete österreichische Kanonen und für Salpeter und Schwefel, als Wagenremise des Hofstalles, als Getreidemagazin und als Fechtboden für die Universität. 

Die 1806 rechtlich vollzogene Übergabe an die in München seit 1799 bestehende protestantische Kirchengemeinde blieb auf dem Papier, da der geforderte seitliche Erweiterungsbau für Zwecke des evangelischen Gottesdienstes niemals zustandekam. 

Im April 1828 entschloss sich König Ludwig I., das leerstehende Kirchengebäude als Gotteshaus für jene griechischen Studenten und Kadetten einrichten zu lassen, die auf seine Initiative hin zur Ausbildung nach München gekommen waren.

König Ludwig I. von Bayern
 Zar Nikolaus I.
von Rußland
Damit wurde Ludwig I. - mit Unterstützung von Zar Nikolaus I. von Russland, der liturgische Geräte und Paramente aus  St. Petersburg beisteuerte, - zum Stifter einer griechisch- orthodoxen Kirchengemeinde in München, die seitdem ununterbrochen besteht.

Der zweite und dritte Abschnitt des reichhaltig bebilderten Werkes dienen einer eingehenden kunsthistorischen Beschreibung des Kirchenbaus und der ausführlichen Darstellung seiner Ausstattung. 

Die noch vorhandenen Reste der Ausmalung aus der Zeit vor 1803 werden dabei ebenso berücksichtigt wie die von keinem Geringeren als Leo von Klenze entworfene Ikonostase. 


Genauso sorgfältig beschreibt der Autor die in ihrem Grundstock auf die Zarenstiftung von 1829 zurückgehende und seitdem kontinuierlich vermehrte Ausstattung an Ikonen und Kirchengerät.

Die tiefere geistesgeschichtliche Bedeutung der Kirche erhellen der vierte und fünfte Abschnitt und vor allem auch der abschließende sechste Abschnitt, in dem der Autor seine neuen Erkenntnisse darlegt, die aus seinen umfangreichen Forschungen resultieren.

 In die mit einer Vielzahl von Details aufwartende Darstellung der Geschichte der Griechischen Kirchengemeinde München hat der Autor eine Würdigung des bayerischen Philhellenismus hineinverwoben. 

Dabei konnte Kotsowilis nachweisen, dass bayerische Philhellenen gerade in Persönlichkeiten der Münchner Kirchengemeinde immer wieder kongeniale Ansprechpartner gefunden haben, etwa in dem Kunstmaler Professor Nikolaos Gysis oder dem genialen Mathematiker Professor Dr. Constantin Caratheodory

Deren Kurzbiographien finden sich in dem Buch ebenso wie die sämtlicher Gemeindepfarrer von 1828 bis 1973.

Noch bedeutsamer ist aber, dass es dem Autor gelingt, Beziehungen praktisch sämtlicher bedeutenden bayerischen Philhellenen zur Salvatorkirche nachzuweisen. 

Er unterzieht deren Wirken für Griechenlands Wiederauferstehung nach Jahrhunderten des kulturellen Verfalls unter osmanischer Fremdherrschaft und für die Einbeziehung des Landes in die europäische Völkerfamilie einer gerechten Würdigung. 

 Dazu liefert er zahlreiche Nachweise für den selbstlosen Idealismus, von dem die zur Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes von Ludwig I. nach Griechenland entsandten bayerischen Offiziere und Unteroffiziere erfüllt waren. Das gleiche gilt für die bayerischen Verwaltungsbeamten und Wissenschaftler, die ihnen nach der Wahl des Prinzen Otto von Bayern zum ersten König Griechenlands folgten. 

Von dem aus Parteileidenschaft entstandenen Zerrbild einer von selbstsüchtigen und unkundigen Bürokraten und Glücksrittern aufgezogenen "Bavarokratie" bleibt nichts übrig. Wo es Missgriffe gab, etwa bei der Aufhebung von Klöstern, gingen sie auf das Konto griechischer Politiker ebenso wie der bayerischen Regenten beziehungsweise beschränkten sich auf die Amtsdauer des Regentschaftsrates für den noch nicht volljährigen König (1832 - 1835). 

Ludwig I. hat gerade die Klosteraufhebung heftig kritisiert und im Juni 1834 ihre Rücknahme gefordert. 

Von der von manchen griechischen Autoren unterstellten Absicht einer Schwächung der orthodoxen Kirche kann jedenfalls bei Ludwig I. von Bayern und seinem Sohn Otto von Griechenland keine Rede sein.

 Letzterer hat vielmehr in einem Zusatzartikel zu seinem Heiratsvertrag vom Oktober 1836 die Erziehung sämtlicher Kinder im griechisch-orthodoxen Glauben vereinbart, obwohl dies mit einer Bulle Papst Gregors XVI. vom 27. Mai 1832 im Widerspruch stand und der Londoner Vertrag vom 7. Mai 1832 einen solchen Schritt nur hinsichtlich des Thronfolgers forderte. 

Die Treue zum katholischen Bekenntnis, in dem er erzogen war, war für König Otto eine ausschließlich höchst-persönliche Angelegenheit, die ihn nicht gehindert hat, im Laufe seines Lebens so vollständig zum Griechen zu werden, dass er selbst noch aus seinem Bamberger Exil Ende 1865 eine Jahresapanage des Jahres 1866 als Bayerischer Prinz von 100.000 Gulden für den Freiheitskampf auf Kreta spendete.

Auf all dies und vieles andere mit wissenschaftlicher Präzision und umfangreichen Auszügen aus Quellen - häufig im Original abgebildet - hingewiesen zu haben, ist ein Verdienst von Kotsowilis. 

Aus bisher unbekannten Quellen konnte er einige neue Erkenntnisse gewinnen, die für die Geschichte Griechenlands insgesamt von Interesse sind. 

Außerdem gelingt es ihm, durch Verweis auf bisher - zumindest in Griechenland - nicht zur Kenntnis· genommene Dokumente, einige Geschichtslegenden zu widerlegen. 

Dazu weitere Beispiele:

 Kotsowilis kann nachweisen, dass der Entschluss, Athen zur Hauptstadt des neuen griechischen Staates zu machen, vor allem auf das Drängen Egid von Kobells, Nachfolger des im Juli 1834 zurückberufenen Regentschaftsrates Maurer, zurückgeht; 
die in dem Buch abgebildete Urkunde über die Verleihung des Ehrenbürgerrechts von Athen an Kobell liefert den unwiderleglichen Beweis!

 Entdeckt hat Kotsowilis auch, dass nicht nur Prinz Leopold von Sachsen-Coburg, 
sondern auch Prinz Johann von Sachsen die Wahl zum Fürsten von Griechenland abgelehnt hatte,
 ehe in Prinz Otto von Bayern ein Kandidat gefunden wurde, der bereit war, die schwierige Aufgabe zu übernehmen, den Thron des von Parteikämpfen erschütterten Landes zu besteigen. 

Die in der deutschen wie griechischen Literatur immer wieder auftretenden falschen Auffassungen bezüglich der Kompetenzen und Rangfolge der einzelnen Mitglieder  des Regentschaftsrates kann Kotsowilis aufgrund seiner Einsichtnahme in deren Instruktionen richtigstellen. 
Graf Joseph Ludwig von Armansperg 
Darin war übrigens auch das Gehalt der Regentschaftsräte festgelegt; es entsprach dem eines bayerischen Ministers (12.000 Gulden jährlich), stand also dem
Grafen von Armansperg ohnehin zu, so dass die Vorwürfe, er hätte sich selbst überhöhte Bezüge auf Kosten der griechischen Staatskasse bewilligt, hinfällig sind. 

Aus einer Zusammenschau der Instruktionen mit dem Briefwechsel zwischen dem bayerischen Außenminister Freiherr von Gise und seinem griechischen Kollegen kann Kotsowilis auch erweisen, dass die Behauptung, Bayern habe die Griechen hinsichtlich einer Einführung einer Verfassung getäuscht, zumindest überzogen sind. 

Gise sprach nämlich nur von der Vorbereitung einer Verfassung, während in den Instruktionen deren Inkraftsetzung für die Dauer der Regentschaft ausgeschlossen wird. 

Ein Widerspruch liegt darin streng genommen nicht! Dass König Otto noch bis 1843 am monarchischen Absolutismus festhielt, entsprach übrigens einer Forderung des Zaren, was Kotsowilis ebenfalls erstmals in diesen Zusammenhang stellt. 

Als falsch erwiesen wird die Behauptung, König Otto habe die griechische Regierung über seine Vermählung erst im nachhinein informiert. Eindeutig widerlegen kann Kotsowilis auch die in Griechenland noch immer kolportierten Gerüchte, für die verhängnisvolle Kinderlosigkeit des ersten Königspaares sei eine Impotenz König Ottos verantwortlich gewesen;
 nach München gesandte Berichte über die Anfänge einer Schwangerschaft sowie über eine zwölf Jahre lang durchgeführte ärztliche Behandlung der Königin belegen das Gegenteil. Manchmal sind es nur kleine, aber bezeichnende Details, auf die der Autor erstmals hinweist: 

So ist die verbreitete Auffassung, 1843 seien alle Bayern aus dem griechischen Staatsdienst ausgeschieden dahingehend zu korrigieren, dass mindestens zwei bleiben durften: Einer als Mitkämpfer des Unabhängigkeitskrieges, der andere, weil er bereit · war, ohne Gehalt seinen Lehrstuhl an der Athener Universität weiter wahrzunehmen Interessant sind schließlich auch die Nachweise, dass griechische politische Persönlichkeiten und amtliche Stellen Jahre nach dem Sturz König Ottos dafür in Bayern gleichsam Abbitte leisten.

 Neben bedauernden Erklärungen ehemaliger Gegner des Königs sei hier vor allem auf die symbolträchtige Entsendung je einer Delegation der griechischen Regierung und der Stadt Athen zur Feier des hundertsten Geburtstages König Ludwigs I. verwiesen.


Durch sein persönliches Engagement hat Kotsowilis die traditionsreichen, aber allzu oft verkannten bayerisch-griechischen Beziehungen ins rechte Licht gerückt. Dafür gebührt ihm Anerkennung.

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