Konstantin Soter
Kotsowilis,
Die Griechenbegeisterung der Bayern unter König Otto I.
Ελληνοφιλία των Βαυαρών. Όθων Α', Βασιλεύς της Ελλάδος.
München,
Ελληνοφιλία των Βαυαρών. Όθων Α', Βασιλεύς της Ελλάδος.
München,
Athen: Selbstverlag
2007. 95 u. 110 S.,
zahlr. Abb., ISBN 978-3-88006-288-7
zahlr. Abb., ISBN 978-3-88006-288-7
Mit dem hier zu besprechenden, im Selbstverlag erschienenen Buch will Konstantin Soter Kotsowilis, wiedergewähltes Mitglied des Ausländerbeirats der Stadt München, wie er im Copyright betont, der Kritik an der „Bayernherrschaft“ in Griechenland das Licht neuer Archivquellen entgegensetzen.
Dabei handelt es
sich um einen Text, der erstmals 2004 in der „Zeitschrift für Bayerische
Landesgeschichte“ erschienen ist und 2007 in der hier vorliegenden
zweisprachigen Fassung veröffentlicht wurde.
Aus Kotsowilis’ Sicht ist die
Geschichte der Regierung Ottos anhand archivalischer Quellen ohnehin noch nicht
geschrieben; auch sein Opusculum soll offensichtlich nur einen Anfang
darstellen.
Bevor der Leser
zum eigentlichen Text gelangt, muss er sich durch ein Konvolut von in Kopie
beigefügten Schreiben prominenter und weniger prominenter Zeitgenossen durcharbeiten.
Diese bedanken sich für die Zusendung eines Sonderdrucks des Aufsatzes, manche
mit enthusiastischen Lobeshymnen, andere wiederum mit höflich-lakonischen
Empfangsbestätigungen.
Kotsowilis’ Buch zeigt sich als faktographische und
ausgesprochen detailreiche Darstellung von Ottos Werdegang, der Umstände seiner
Thronbesteigung, der Ankunft und des Wirkens der Regentschaft sowie der
Ministerpräsidentschaft von Ruthards.
Man erfährt z.B., dass das
Regentschaftsmitglied Georg von Maurer 23 Jahre später noch einmal Griechenland
besuchte und dabei mit einer goldenen Gedenkmünze, die im griechischen Teil des
Bandes abgebildet ist (88), geehrt wurde, ein offensichtlich besonders
bedeutsames Ereignis.
Ein besonderes Anliegen ist es dem Buch, den König
betreffende und aus Sicht des Verfassers böswillige Behauptungen anzuprangern.
So bestreitet Kotsoswilis vehement, dass Otto schwerhörig gewesen sei, ohne
indes hierfür überzeugende Beweise vorzulegen.
Es war nicht nur die dem König
missgünstige Athener Presse, die davon sprach, sondern auch etliche
Zeitgenossen, die man, wie etwa König Johann von Sachsen,1 wohl nicht als politische Gegner des Königs
bezeichnen kann.
Im Übrigen ist Schwerhörigkeit wahrlich kein ehrenrühriger
Makel, den man bestreiten müsste.
Auch der Vorwurf, Otto sei zeugungsunfähig
gewesen, macht Kotsowilis zu schaffen.
Er hält es ganz im Gegenteil für
erwiesen, dass Königin Amalia die Ursache der Kinderlosigkeit des Herrscherpaares
war.
Einmal ganz abgesehen von der Marginalität dieser Frage, ist sie mit endgültiger
Sicherheit im Nachhinein ohnehin nicht zu klären, schon allein deshalb, weil es
der Medizin des 19. Jh.s im Unterschied zur heutigen an den entsprechenden
diagnostischen Möglichkeiten fehlte.
Vehement verteidigt Kotsowilis den König
auch gegen den Vorwurf, er habe die griechische Regierung nicht von seiner
Eheschließung in Deutschland unterrichtet (44-47).
Kotsowilis weist
mit besonderer Vorliebe anderen Autoren Fehler nach.
Aber auch in seinem Buch
geht es nicht völlig fehlerfrei zu.
Der von ihm erwähnte britische
Premierminister trug nicht den Doppelvornamen Arthur-Wollesley (9),
sondern er
hieß mit Vornamen Arthur und mit Familiennamen Wellesley;
1814 wurde ihm der
Titel eines Duke of Wellington verliehen.
Der osmanische Befehlshaber, der
Athen belagerte, hieß Mehmet Reşid Paşa Kütahi;
Mehmet-Ressit Kioutachi Pascha,
wie es bei Kotsowilis heißt (22), ist lediglich die verballhornte griechische
Form.
Das Regentschaftsmitglied Carl-Wilhelm von Heideck war kein Schweizer
Staatsbürger (22f.), schlicht und einfach deshalb, weil der Schweizer
Bundesstaat erst 1848 gegründet wurde.
Wenn der damalige Isarkreis als Vorläufer
des späteren (und heutigen) bayerischen Regierungsbezirks Oberbayern (27) und der
Unterdonaukreis als Vorläufer des nachmaligen Regierungsbezirks Niederbayern
(46) bezeichnet werden, dann trifft dies im Großen und Ganzen zwar zu, hier
wird aber der falsche Eindruck erweckt, es habe sich lediglich um eine
Umbenennung ohne jede territoriale Veränderung gehandelt, was nicht der Fall
war.
Gleiches gilt auch für den Obermainkreis (52) als Vorläufer des
Regierungsbezirks Oberfranken.
Zwischen den Seiten 78 und 97 des griechischen
Teils sind zahlreiche Abbildungen versammelt, die das Herrscherpaar, dessen
Eltern, Mitglieder der Regentschaft und weitere bayerische Beamte, die in
Griechenland wirkten, darstellen.
Auf den Seiten 94 und 95 sind vier Vertreter
des öffentlichen Lebens Griechenlands im 19. Jh. abgebildet, denen ganz
offensichtlich aufgrunddessen, dass sie lobende Worte über Otto fanden bzw.
später bereuten, den König einst kritisiert zu haben, die Ehre der Aufnahme in
diese Bildergalerie zuteil wurde.
Angefügt sind auch noch drei Bilder, die
offensichtlich die deutsch-griechische bzw. bayerisch-griechische Verbundenheit
demonstrieren sollen.
So sieht man die Regierungschefs Papagos und Adenauer im
Gespräch sowie die damaligen obersten Repräsentanten Griechenlands und Bayerns,
Stefanopulos und Stoiber, wie sie vor einer Büste Ottos I. posieren.
Weshalb
auch Panagiotis Kanellopulos, der im April 1967 durch den Militärputsch
gestürzte Ministerpräsident, hier mit einem Foto vertreten ist, lässt sich
nicht leicht erschließen;
der Rezensent vermutet, wegen seiner Studien an
mehreren deutschen Universitäten.
An eine – Kotsowilis möglicherweise
nicht bekannte – bittere Ironie der Geschichte sei angesichts des Bildes
des 1834 als Kriegsminister in Griechenland fungierenden Georg Wilhelm von Le
Suire (Kotsowilis schreibt ihn Lesuire) erinnert:
Ein anderer Le Suire, der
Gebirgsjägergeneral Karl Hans Maximilian, war der Hauptverantwortliche für das
Massaker von Kalavryta 1943, bei dem über 1 200 Zivilisten getötet wurden.
Nach
der Lektüre der gut 60 Seiten – von vorne oder von hinten, d.h. in deutscher
oder griechischer Fassung – bleibt der Leser etwas ratlos zurück.
Von einer
Gesamtschau von Ottos Wirken in Griechenland kann keine Rede sein, beschränkt
sich Kotsowilis doch weitgehend auf das knappe erste Jahrzehnt der Herrschaft
des Wittelsbachers.
Die weitere Entwicklung, wie die Erhebung 1843 und die
nachfolgende Einführung der ersten Verfassung, bleibt weitgehend ausgeblendet,
und damit auch jeglicher Hinweis auf Ottos absolutistisches Gebaren, das
maßgeblich zu dieser Erhebung führte.
Lediglich die Klage des Autors über die
ungerechte Behandlung des Monarchen, der 1862 des Throns verlustig ging,
berührt die Endphase.
Immerhin:
Man erfährt doch hin und wieder etwas, wovon in
anderen Publikationen kaum die Rede ist.
So weist Kotsowilis auf die
bayerischen Anleihen an den griechischen Staat hin, die in den meisten Darstellungen
der griechischen Staatsfinanzen unerwähnt bleiben.
Da Ludwig I. diesen Kredit
Griechenland auf verfassungswidrige Weise zukommen ließ, musste er nach seiner
Abdankung auch selbst dafür haften.
Das waren noch Zeiten!
Bismarck sorgte 1881
dafür, dass Griechenland den Kredit an jenen Enkel Ludwigs zurückzahlte, der
die Forderung geerbt hatte.
Dossenheim Ekkehard Kraft
1. Siehe hierzu mehr
bei Gunnar Hering, Die politischen Parteien in Griechenland 1821-1936.
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