Impulse für den jungen griechischen Staat
Abendzeitung, Nr. 102/5. Januar 1996 |
von AZ-Mitarbeiterin
Claudia Kursawe
München galt unter den griechischen
Studenten bereits vor rund 165 Jahren als beliebte Universitätsstadt.
Mehr noch:
Der Philhellene König Ludwig I. von Bayern finanzierte vielen von ihnen über Stipendien den Studienaufenthalt.
In den Jahren 1826 bis 1844 immatrikulierten sich insgesamt 98 griechische Studenten in der
bayerischen Hauptstadt.
Konstantin Sot. Kotsowilis recherchierte
nun für seine Magisterarbeit ihre Biographien und berufliche Entwicklung.
Interessante Fakten kamen dabei zu
Tage, zum Beispiel, dass einige der Stipendiaten Waisenkinder von
Revolutionskämpfern aus dem griechischen Befreiungskampf waren und viele von
der Insel Chios kamen.
Ferdinand Victor Eugène Delacroix (1768 - 1863) Das Massaker von Chios (1824) |
Dies hängt auch mit der Tatsache
zusammen, dass bereits vor der Zerstörung und Verschleppung der Bewohner, 1822,
auf Chios ein bekanntes “Gymnasium” existierte, das mit München in Kontakt stand.
Der Altphilologe Friedrich Thiersch, der dem philhellenischen
Verein in München angehörte, galt als
engagierter Koordinator der Stipendienvermittlung.
Ein sympathischer Zug des
Universitätsprofessors war, dass er vier
der griechischen Studenten in seiner eigenen Wohnung aufnahm.
Das 'Rote Haus' von Professor Dr. Friedrich Thiersch |
Mit seinen Ideen hatte Thiersch
wesentlichen Einfluss auf die jungen Menschen.
Kotsowilis betont, dass
“die griechischen Studenten in München
in erster Linie durch das humanistische Ideal Friedrich Thierschs geprägt
wurden, der immer wieder hervorhob, wie wichtig es sei, dass nationale Kultur
mit wahrer Menschlichkeit einhergehe.”
Förderlich war hierbei, dass vor dem
eigentlichen Studium zwei Jahre lang die Philosophische Fakultät besucht werden
musste.
Die Nachforschungen ergaben, dass die
Fächer Jura, Philosophie und Philologie sich besonderer Beliebtheit
erfreuten.
Kotsowilis verfolgt auch die Laufbahn
der griechischen Studenten, die später so unterschiedliche Berufe wie den des Präsidenten
der Nationalbank, des Universitätsprofessors,
des Politikers oder des Leiters der Athener Sternwarte ausübten.
Nach der Rückkehr in ihr Heimatland
leisteten die ehemaligen Studenten, wie der Autor abschließend feststellt,
“insgesamt einen entscheidenden Beitrag
zur Hebung des damals neu begründeten höheren Schulwesens.
Sie gaben den Anstoß zur Schaffung
einer Verfassung und rechtsstaatlichen Verwaltung sowie zur Verbesserung und zu
Reformen im Gesundheitswesen.”
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